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Rassismus in Sprachschule: Frau setzt sich erfolgreich zur Wehr Fall des Monats November 2023

Vorfall: Rassistische Diskriminierung in einem Deutschkurs

Frau H meldet sich für einen Deutsch-Sprachkurs in einer Sprachschule an. Am ersten Tag des Kurses erscheint sie etwas früher und nimmt im noch leeren Kursraum Platz. Kurz danach betritt die Kursleiterin Frau L das Zimmer. Sie steuert auf Frau H zu und beginnt auf diese einzureden. Frau H kann den Ausführungen der Kursleiterin nicht folgen und bittet diese sich zu wiederholen. Daraufhin beginnt Frau L kreisende Bewegungen um die Achseln zu machen und kommentiert diese mit „Schweiß! Du riechst nach Schweiß! Weißt du, was Schweiß ist? Du musst duschen, täglich duschen!“. Anschließend fordert sie Frau H auf, nach Hause zu gehen, um sich ihrer Körperhygiene zu widmen. 

Frau H fühlt sich gedemütigt und bittet Frau L, sich auf der Toilette der Sprachschule frisch machen zu dürfen. Nachdem ihr auf dieser kein unangenehmer Geruch aufgefallen ist, eilt sie zurück in den Kursraum. Aufgrund ihrer Verunsicherung setzt sich Frau H dennoch an ein geöffnetes Fenster. Die Kursleiterin startet daraufhin ohne einen weiteren Kommentar den Sprachkurs. 

Nach dem dritten Kurstermin stellt Frau H fest, dass ihr die Teilnahme am Kurs aufgrund des Vorfalls des ersten Tages Unbehagen bereitet. Sie bittet daher um ein Gespräch mit der Sprachschulleitung. In diesem schildert Frau H die Situation und es gelingt ihr schließlich, eine Rückerstattung der Kurskosten zu bewirken.

Da Frau H durch den Vorfall schwer erschüttert ist und sich in ihrer Würde verletzt fühlt, wendet sie sich an die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW).

Rechtliche Hintergründe

Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit

Das Gleichbehandlungsgesetz (GIBG) verbietet gemäß § 31 Abs. 1 Diskriminierungen und Belästigungen auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen. Eine Diskriminierung liegt bei einem unsachlich benachteiligenden Verhalten vor, etwa wenn eine Person anders/schlechter behandelt wird, weil sie als fremd wahrgenommen wird. Eine Belästigung (§ 38 GIBG) ist jedes unerwünschte Verhalten, das im Zusammenhang mit der ethnischen Zugehörigkeit einer Person steht, deren Würde verletzt und ein demütigendes oder beleidigendes Umfeld schafft.

Erzielung eines erfolgreichen Vergleichs

Frau H wird von der GAW über ihre rechtlichen Möglichkeiten aufgeklärt. Mit der Unterstützung einer Gleichbehandlungsanwältin versucht sie, zuerst eine Einigung mit der Kursleiterin zu erzielen. Sie fordert eine Entschuldigung und einen angemessenen Schadenersatz. Darauf geht Frau L allerdings nicht ein. Schließlich reicht Frau H einen Antrag bei der Gleichbehandlungskommission ein.

Noch bevor es zu einer Verhandlung vor der Kommission kommt, übermittelt Frau L der mit Frau Hs Fall betrauten Gleichbehandlungsanwältin eine schriftliche Stellungnahme. In dieser gibt sie zu, Frau H auf ihren Körpergeruch hingewiesen zu haben, beteuert jedoch, dass dies in einer schonenden und diplomatischen Art und Weise geschehen ist. Da Frau L in ihrer Stellungnahme allerdings kontinuierlich auf BIPoC bezogene Stereotype reproduziert und Rassismen verwendet, sind ihre Schilderungen nicht glaubhaft. 

Letztendlich kann schließlich ein Vergleich in der Höhe von 1.500,- Euro erzielt werden. Im Anschluss daran zieht Frau H den Antrag vor der Gleichbehandlungskommission zurück. 

Fazit

Das Gleichbehandlungsgesetz (GIBG) soll sicherstellen, dass alle Personen Zugang zu Gütern und Dienstleistungen haben und dass der Zugang zu diesen diskriminierungsfrei und ohne belästigendes Verhalten erfolgt.

Nichtsdestotrotz erleben Schwarze Menschen EU-weit ausgeprägte und tiefsitzende Vorurteile und Ausgrenzung. In der Studie „Being Black in the EU – Experiences of people of African descent“ der European Union for Agency for Fundamental Rights (FRA) aus dem Jahr 2023 haben 45 % der Befragten angegeben, in den fünf Jahren vor der Erhebung Opfer von Rassismus geworden zu sein. In Deutschland und Österreich liegt dieser Anteil aktuell bei über 70 %.

Dies zeigt, dass wir in der Europäischen Union, insbesondere in Österreich, noch einen weiten Weg vor uns haben. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft spricht sich daher für einen umfassenden nationalen Aktionsplan gegen Rassismus aus, mit dem sich sämtliche staatliche Akteur:innen verpflichten, wirksame und nachhaltige Maßnahmen im Kampf gegen Rassismus in ihren Bereichen zu entwickeln und umzusetzen.